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Legal Design – Innovation mit Methode
Am 18.01.2022 sprach Rechtsanwältin Astrid Kohlmeier, Beraterin für Legal Design und Dozentin der Executive Faculty am Bucerius Center on the Legal Profession Hamburg, am IMKR über das Thema „Legal Design“.
Nach Begrüßung durch Prof. Rösler charakterisierte Kohlmeier Legal Design als eine Methode, die sich aus dem Designprozess, dem Design an sich, also der konkreten Gestaltung, und dem Recht als Schnittstelle zusammensetzt. Dabei durchlaufe der Design-Prozess verschiedene Stadien und stütze sich auf das sog. Design Thinking, das eine theorisierte Form des Design-Prozesses darstelle. Design Thinking sei die weltweit erfolgreichste Innovationsmethode, auf dessen Grundlage alltäglich benutzte Produkte wie Mobiltelefone und Applikationen erfunden und gestaltet werden. In juristischer Hinsicht gehe es darum, rechtlich „wasserdichte“ und doch intuitiv verständliche Lösungen zu schaffen, die den Adressaten in den Mittelpunkt stellen. Mit dem Zitat „Design beschränkt sich auf das Wesentliche und befähigt den Nutzer“ betonte sie, Legal Design sei ein Schlüssel zur Befähigung von Nutzern im Recht.
Sodann erläuterte Kohlmeier den Design-Prozess. Er folge einer bestimmten Methodik, die sich von der juristischen Herangehensweise unterscheide. Im ersten Schritt erfolge eine Ermittlung der am konkreten Problem beteiligten Personen und eine Analyse aus Nutzersicht, um die jeweils relevanten Bedarfe festzulegen. Dabei bedürfe es eines Perspektivwechsels und der Fokussierung auf die „User Experience“. Nach einer bedarfsgerechten Definition des Problems, folge die Ideenentwicklung unter Anwendung kreativer Techniken und der Zusammenarbeit möglichst multidisziplinär besetzter Beteiligten. Danach würden Prototypen entwickelt, um die Funktionsfähigkeit der Ideen zu testen, worauf nach etwaiger Verbesserung die schlussendliche Umsetzung folge.
Vor diesem Hintergrund ging Kohlmeier auf verschiedene Gründe für den Einsatz von Legal Design ein. Dabei spiele der zunehmende Kostendruck in Unternehmen eine große Rolle, weshalb man alle Tätigkeiten möglichst intern erledigen wolle. Zudem würden die rechtlichen Anforderungen durch eine zunehmende Zahl an Regularien komplexer. Als Beispiel führte sie Art. 12 DSGVO an, der Hinweise zum Datenschutz in präziser, transparenter und leicht zugänglicher Form vorschreibt. In Wahrheit seien juristische Inhalte aber für Laien meist nicht verständlich genug abgefasst. Dabei müssten die Rezipienten aber befähigt sein, eine autonome Entscheidung anhand verständlicher Rechtsinhalte zu fällen. Als weitere Beispiele nannte Kohlmeier das Legal Design von Verträgen, Nutzungsbedingungen und Non-Disclosure Agreements. Die Herausforderung liege darin, die Balance zwischen kreativer Gestaltung und dem rechtlich nötigen Inhalt zu finden.
In der anschließenden Diskussion ging es u.a. um die weitere Entwicklung von Legal Design. Nach Kohlmeier sei es zwar wünschenswert, aber nicht zu erwarten, dass Legal Design von Seiten des Gesetzgebers angeordnet wird. Dem Einwand, verkürzte und vereinfachte AGB blieben angesichts der „take it or leave it“-Situation ohne Vorteil, begegnete Kohlmeier damit, dass es sich um ein verhaltensethisches Problem handle: Der Wunsch nach verständlicheren Vertragstexten wachse enorm. Insgesamt möchte Kohlmeier Juristen ermutigen, beim Entwerfen rechtlicher Inhalte flexibler und empathischer zu werden, um Innovationen den Weg zu bahnen. Unter anderem habe die Stanford University bereits ein Legal Design Lab und die Harvard University biete das Thema als Ergänzung zum Curriculum an. Derartiges fehle jedoch an deutschen Universitäten. Studierende sollten zumindest in einem freiwilligen Kurs erlenen, einen Vertrag nach den Legal-Design-Prinzipien zu entwerfen.
Zur Vertiefung: Kohlmeier/Klemola, Das Legal Design Buch, 2022
https://www.lto.de/recht/legal-tech/l/legal-design-innovation-anwaltsberuf-rechtsmarkt
https://lrz.legal/de//wirtschaft-und-management/legal-design